Kamerakram
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Das alte Kurhaus

Nachdem ich auch heute wieder bereits in den frühen Morgenstunden aufgebrochen war, ist die Tour bisher eher ernüchternd. Auf dem Plan stehen mehrere Lost Places in NRW allerdings waren bisher leider keine davon auch nur annähernd zugänglich. Beim letzten Halt wurde ich bereits beim Parken sehr unfreundlich von der Besitzerin in Empfang genommen. Die Hoffnung nun doch noch etwas Spannendes entdecken zu können schwindet.


Am alten Kurhaus angekommen ändert sich das jedoch dann schlagartig. Das Gelände ist nicht abgesperrt und die Gebäude auf den ersten Blick von allen Seiten zugänglich. Zwar parken mit mir noch andere Menschen zur selben Zeit auf dem alten Parkplatz, aber sie scheinen sich sonst nicht weiter für mich zu interessieren. Voller Vorfreude ist der Rucksack schnell auf den Schultern und es geht los. Bereits draußen, noch einige Meter vom Gebäude entfernt, ist der für verlassene Orte typische muffig-modrige Geruch wahrzunehmen.


Durch den ehemaligen Empfangsbereich geht es in einen großen Saal und von natürlichem Verfall kann man an diesem Ort auf jeden Fall nicht sprechen. Hier scheinen einige Menschen ihrer Wut freien Lauf gelassen zu haben. Die Wände sind größtenteils mit Graffitis beschmiert und die letzten Einrichtungsgegenstände entweder zertrümmert oder umgeworfen worden. Auf den ersten Blick mag es für viele hier nichts mehr zu entdecken geben. Schaut man aber genauer hin, ist auch dieses verlassene Kurhaus noch voller spannender Fotomotive.


Mein Weg führt mich weiter ins Innere. In einigen Räumen kann man nur noch vermuten, wozu sie einmal genutzt wurden, bei anderen wiederum ist es eindeutig. Hier und da stehen noch Wannen für Anwendungen herum und anhand der Unterlagen und Prospekte, die großflächig im ganzen Gebäude verteilt wurden, lässt sich sogar noch erkennen, bis wann hier noch Betrieb herrschte. Genau das ist es, was die Besuche dieser verlassenen Orte ausmacht. Es ist jedes Mal wieder aufs Neue spannend, anhand der Einrichtung, der Unterlagen und der sonstigen Hinterlassenschaften nachzuvollziehen, wie und wann hier gelebt und gearbeitet worden ist.


Ich irre weiter durch das verlassene Kurhaus. Vor mir erstreckt sich ein langer schmaler Gang, von dem links und rechts immer wieder verschieden große Räume abgehen. Einige davon scheinen Veranstaltungssäle gewesen zu sein. Ein paar Schritte weiter folgen Räume mit Spinden und Umkleideschränken, so wie man sie auch aus dem Schwimmbad kennt. Dahinter sind kleinere Räume mit hüfthohen Becken und auch hier wurde gewütet. Ein paar vorsichtige Schritte weiter, denn hier wurden überall Wartungsschächte geöffnet und nicht wieder verschlossen, entdecke ich das große Schwimmbecken. Anstatt Wasser finden sich dort nun allerlei Gegenstände, die vorher wohl am Beckenrand standen und natürlich viel Müll.


In den oberen Stockwerken finden sich dann die Gästezimmer. In den meisten wurde so stark gewütet, dass von den Betten nur noch zerbrochene Bretter übrig geblieben sind. Trotzdem gibt es aber auch noch Zimmer, in denen man noch gut sehen kann, wie diese eingerichtet waren. Vielleicht hat denjenigen, die die anderen Zimmer kurz und klein geschlagen haben, für die restlichen Zimmer dann die Kraft gefehlt. Umso besser für mich.


An vielen Zimmerwänden ist der Putz bereits komplett von der Wand gefallen und häuft sich nun am Boden zu kleinen Wällen auf. An diesen Wänden wächst nun Moos, an einigen sogar Schimmel. Die Luft hier drin ist wirklich nicht gerade die angenehmste, aber das gehört nun mal dazu.


Die Gästezimmer erstrecken sich über mehrere Stockwerke und je weiter ich nach oben gelange, desto stärker wird der natürliche Verfall, der deutlich schöner ist als der ganze Vandalismus in den unteren Etagen. Viele Fenster sind entweder geöffnet, oder bereits gar nicht mehr vorhanden, so dass die Witterung ungehindert auf die Einrichtung einwirken kann. Zusammen mit Licht und Schatten entstehen so die schönsten Motive.


Da es draußen etwas windig ist, knarzt und klirrt es hin und wieder, so dass man das Gefühl hat, hier nicht allein zu sein. Ob es nur ein Gefühl ist, oder sich hier noch andere Menschen aufhalten, werde ich hoffentlich nicht herausfinden. Bisher hatte ich meine Ruhe und ich bin froh, wenn das auch so bleibt.


Ich habe wohl doch noch Glück gehabt und mache mich irgendwann mit einer gut gefüllten Speicherkarte auf den Heimweg. Neben meinen Bildern nehme ich heute auch noch den muffigen Geruch des alten Gemäuers mit nach Hause.


The history

Bereits im 17. Jahrhundert wurden hier in der Umgebung die ersten Schwefelquellen entdeckt und daraufhin zum Heizen genutzt. Erst ab dem 19. Jahrhundert wurde das schwefelhaltige Wasser dann auch für medizinische Anwendungen verwendet. Dazu wurden Bohrungen durchgeführt, die den Schwefelgehalt des Wassers erhöhten. Das nahmen dann auch die Gründer des alten Kurhotels zum Anlass, ihr Bad zu errichten. 1929 wurde das Bad eröffnet und verwendete fortan die Schwefelquellen zur Behandlung ihrer Gäste. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Kurhotel in den Jahren 1947 – 1948 als Altersheim und Vertriebenenunterkunft umgenutzt, bis dann der Kurbetrieb endlich wieder aufgenommen werden konnte.


Die Gebäude des alten Kurhotels wurden fortlaufend umgebaut und erweitert, so dass mit der Zeit immer mehr Gäste beherbergt werden konnten. Nicht nur die Gebäude sondern auch die umliegenden Grünanlagen wurden ausgebaut, bis sie dann schließlich im Jahr 1980 als Sanatorien anerkannt worden sind. Zu den Grünanlagen zählte ein großer Teich, Bachläufe und sogar ein Netz aus verschiedenen Wanderwegen. Im Jahr der Anerkennung zum Sanatorium plante man angeblich auch, den Park auf fünf Hektar zu erweitern. Dieses Vorhaben wurde allerdings nie in die Tat umgesetzt.


Der Betrieb musste im 2010 wegen Insolvenz eingestellt werden und danach wurde es ruhig um das ehemals schöne Kurhaus. 10 Jahre lang fand es kaum noch Beachtung und leidet seitdem bis heute unter Vandalismus und der Witterung. Im Jahr 2020 wurden dort Patientenakten entdeckt und das Kurhaus machte erneut Schlagzeilen. Die Akten wurden anschließend ausfindig gemacht, geschreddert und entsorgt. Sonderlich gründlich war man dabei aber wohl eher nicht.


Vor ein paar Jahren wechselte das Kurhaus den Besitzer und der hat große Pläne mit dem heruntergekommenen Gemäuer, so plane er unter anderem ein Café für junge Menschen. Die Gebäude sollen dafür vorher entkernt und energieeffizient saniert werden. Was in der Zukunft aus diesen Plänen wird, bleibt abzuwarten.


Short facts

Category:  


Hospitals & Clinics

Construction year:  


1929

Lost since:  


2020

Risk level:  


Low

Area size:  


2300



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