Das alte Natursteinwerk
Über eine kleine unscheinbare Zufahrtsstraße geht es in Richtung des alten Natursteinwerks. Das Wetter ist heute nicht auf meiner Seite. Es regnet seit mehreren Stunden ununterbrochen und ich sehe meinen Ausflug schon buchstäblich ins Wasser fallen. Weder meine Kameras noch meine Drohne mögen Starkregen. Ich hoffe einfach weiter, dass es gleich doch noch mal eine Regenpause gibt.
Die Straße wird immer holprigen und irgendwann wird der Asphalt zur Schotterpiste. Kurz darauf erreiche ich mein Ziel. Die ersten Gebäude des Natursteinwerks liegen direkt an der kleinen Waldstraße. Bis jetzt hat der Regen noch nicht nachgelassen. Ich werde noch etwas im Auto warten müssen. Irgendwann ist es dann endlich soweit und die Wolken reißen auf und es sind tatsächlich ein paar Sonnenstrahlen zu sehen. Die Gelegenheit muss ich nutzen.
Ich setze meinen Rucksack auf und stiefle durch große Pfützen in Richtung des Eingangs. Hier befindet sich eine große Halle. Ich vermute, dass hier die Steine aus dem Steinbruch verarbeitet wurden. Maschinen sind hier zwar nicht mehr zu finden, aber diverse Fundamente und Halterungen deuten daraufhin. Am Ausgang der Halle sind außerdem große Rolltore angebracht. Hier konnten wahrscheinlich LKW beladen werden.
Neben dieser großen Produktionshalle finden sich noch weitere kleinere Gebäude auf dem Gelände. Auch hier finden sich keine Überbleibsel mehr, die an die ursprüngliche Verwendung erinnern. Nichtsdestotrotz finden sich an vielen Stellen noch interessante Fotomotive und ich habe meine Ruhe. Das einzige, was man hier hören kann, ist sind Wassertropfen, die von den Hallendecken auf den Boden fallen und der Wind, der durch die Öffnungen pfeift.
In der Mitte zwischen den Gebäuden befindet sich ein großer asphaltierter Platz. Auf diesem liegen allerhand große Steine herum. Diese sind vielleicht die letzten, die in dem Steinbruch abgebrochen wurden. Um das Gelände herum ist dichter Wald und die ehemaligen Wege zum Steinbruch hin sind zugewuchert. Das restliche Gelände erkunde ich also lieber aus der Luft. Mit einem lauten Surren startet meine Drohne.
Die kleinen Seen, die sich in den ehemaligen Steinbrüchen gebildet haben leuchten in einem satten blau. Die Farben sind so intensiv, dass sie total unnatürlich wirken. Kurz darauf setzt der Regen wieder ein. Erst nur schwach, bis er mich dann aber doch zur Landung zwingt. Weder ich noch die Drohne haben Interesse an einer Dusche.
Die Historie
Seit 1640 wurde der Velpker Rhät-Sandsteins in vielen Steinbrüchen der Region abgebaut. Zuerst wurden die dort abgebauten Steine für den Wiederaufbau der Schäden des 30-jährigen Kriegs benötigt. So baute man damit zum Beispiel zerstörten Kirchen, Klöster und Befestigungsanlagen. Nachdem diese Schäden irgendwann beseitigt waren, wurde der Velpker Sandstein deutschlandweit für repräsentative Bauten genutzt, denn der Sandstein aus dieser Region ist einer härtesten und verschleißfestesten Sandsteine Deutschlands.
Bekannte Bauwerke aus dem Velpker Sandstein sind zum Beispiel die Technische Universität Braunschweig, das Welfenschloss in Hannover, die Universitätsbibliothek Göttingen, oder der Anhalter Bahnhof in Berlin, oder viel mehr das, was noch davon übrig ist.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden bis auf einen Steinbruch alle Standorte aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Seit dem Jahr 2008 ist keiner der Steinbrüche mehr in Betrieb. Die tiefer gelegenen Steinbrüche haben sich im Laufe der Jahre mit Wasser gefüllt, da der Grundwasserspiegel nicht mehr künstlich abgesenkt wurde. Entstanden sind dadurch kleine Seen.
Die ehemalige Steinbruchlandschaft wird heute als Velpker Schweiz bezeichnet. Sie ist seit dem Jahr 1969 Landschaftschutzgebiet und soll nun Menschen zur Erholung in der freien Natur dienen. Die kleinen Seen sind vor allem aus der Luft betrachtet ein toller Kontrast zu den sonst sehr dichten Wäldern.
Kurze Fakten
Baujahr:
2023
Verlassen seit:
2008
Vandalismus:
Erheblicher Vandalismus
Schwierigkeitsgrad: