ESB Beschläge-Werke
Ich weiß nicht genau, wo mein Ziel liegt, also fahren ich einfach ein bisschen durch die kleine Stadt, in die ich gerade hineingefahren bin. Es geht durch enge Seitenstraßen und über holpriges Kopfsteinpflaster.
Plötzlich taucht ein sehr heruntergekommenes Gebäude vor mir auf. Ich halte an und steige aus. Was sofort auffällt ist, dass hier überall Anwohner herumlaufen und mich natürlich neugierig inspizieren. In das erste Gebäude komme ich nicht herein, also laufe ich die Straße weiter hinauf, wo direkt das nächste Gebäude auf mich wartet. Der erste offensichtliche Eingang ist durch einen riesigen Haufen Müll und Gestrüpp versperrt. An der Straße ist allerdings eine halb eingerissene Mauer. Über diese gelange ich nun endlich in den ehemaligen VEB Betrieb.
Hier und da stehen alte Maschinen, Werkbänke und ein alter Staubsauger, den aber schon lange niemand mehr benutzt haben zu scheint. Nachdem ich die erste große Halle erkundet habe, geht es im Hinterhof weiter. Hier hat noch vor kurzem jemand das Dickicht zurückgeschnitten und ein paar Bäume gefällt.
In den angrenzenden Schuppen liegen alte Nähmaschinen, Fernseher, ein paar Unterlagen und Zeitungen. Ich kann eine Ausgabe Neues Deutschland vom 21. September 1987 entdecken. Diese Zeitung ist damit ein Jahr älter als ich und mindestens genau so gut erhalten, wie ich selbst. Solche Funde machen die Vergangenheit greifbar.
Die anderen Zugänge sind versperrt, oder Etagen komplett eingestürzt. Hier muss ich nicht unbedingt hinein. Ich laufe durch die Werkshalle zurück, springe über die Mauer zurück auf die Straße und steige wieder ins Auto. Irgendwie hatte ich mir mehr versprochen.
Auf dem Rückweg entdecke ich dann aber glücklicherweise noch einen weiteren Teil des Werks. Insgesamt sieben waren damals hier in Luckenwalde angesiedelt. Hier scheint es noch viel mehr zu entdecken zu geben. Unter den wachsamen Augen eines Zigarettenverkäufers schaue ich mich um. Er läuft zügig an mir vorbei und bringt seine Zigarettenvorräte in Sicherheit.
Hier gibt es viele alte Maschinen und noch viel mehr Plastikteile zu entdecken. Diese wurden hier hergestellt und verpackt. Die Kartons sind teilweise noch verschlossen und zu hohen Türmen aufeinander gestapelt. Randaliert wurde hier zum Glück noch nicht. Ein wirklich toller Fund, der in den letzten Jahren immer seltener geworden ist. In einigen Ecken liegen leere Schnapsflaschen, abgefüllt in einem anderen VEB Betrieb. Damit wurde sich früher eventuell die Arbeitszeit versüßt.
De geschiedenis
Der Volkseigene Betrieb (VEB) war eine Rechtsform der Industrie- und Dienstleistungsbetriebe in der Sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR. Die Gründung volkseigener Betriebe erfolgte nach dem Vorbild der Eigentumsform in der Sowjetunion.
In Folge, der nach Ende des Zweiten Weltkrieges unter sowjetischer Besatzung durchgeführten Enteignungen und Verstaatlichungen von Privatunternehmen musste eine geeignete Form gefunden werden. Ab 1948 waren es ökonomische Basiseinheiten der Zentralverwaltungswirtschaft. Sie befanden sich in Volkseigentum und unterstanden der DDR-Partei- und Staatsführung.
Insgesamt gab es zur Zeit der DDR acht Werke in Luckenwalde und eines in Kallinchen. Mehr als 100 Menschen arbeiteten im Werk sieben und im Werkzeugbau. Der VEB Beschläge hatte dabei insgesamt 580 Mitarbeiter. Nach der Wende wurden die ESB Beschläge-Werke, wie so viele andere VEB Betriebe auch, geschlossen. Viele der Gebäude sind mittlerweile sehr stark verfallen, teil durch natürlichen Verfall, teils durch Vandalismus. Weitere Informationen über diesen Betrieb lassen sich leider aktuell nicht finden.