Das alte Hotel im Wald
Als ich den Parkplatz überquere, knirscht der Kies unter meinen Schuhen. Es ist früh am Morgen und die Sonne ist erst von einigen Minuten aufgegangen. Es ist klirrend kalt und die Stille hier ist schon fast etwas beängstigend. Das Hotel steht inmitten von Moos bewachsenen Bäumen, die Holzfassade ist von Wind und Wetter gezeichnet. Fenster, aus denen vor Jahrzehnten die Gäste den Ausblick genossen, sind heute teilweise zerbrochen, der Lack der Fensterrahmen blättert ab, und dicke Äste ragen in die Fassaden. Es fühlt sich an, als würde die Natur diesen Ort langsam verschlingen.
Ich betrete das Gebäude durch eine offen stehende Tür, die an rostigen Angeln hängt. Drinnen umgibt mich Stille und der typisch modrige Geruch. Mein erster Blick fällt auf den langen Flur mit dem abgenutzten Schachbrettmuster auf dem Boden. Licht fällt durch zersplitterte Fenster und wirft flimmernde Muster auf die Wände. An einer Stelle hat der Putz sich gelöst, darunter kommt der nackte Stein hervor.
Ich steige die knarzenden Treppen hinauf. Im Obergeschoss liegen die Gästezimmer, jedes davon scheint auf seine Weise Geschichten zu erzählen. In einem Raum entdecke ich eine Zeitung aus dem Jahr 1996, achtlos auf einer Matratze liegend. Die Wände sind feucht, die Tapete löst sich an den Rändern, und dennoch wirkt es fast, als sei der Raum bereit, jeden Moment einen neuen Gast zu empfangen. In einem anderen Zimmer zieht eine Sitzgruppe meine Aufmerksamkeit auf sich. Ein weicher Sessel, ein alter Tisch und eine kleine Stehlampe – alles bedeckt mit Staub und dem feinen Schmutz, den das Leben hier zurückgelassen hat.
Der Zustand des Gebäudes ist in jedem Raum sehr unterschiedlich. In einem der Gästezimmer entdecke ich eine Sitzgruppe mit einem Röhrenfernseher. Es wirkt fast so, als ob die letzten Gäste nur kurz den Raum verlassen hätten. Doch der Zustand verrät, dass dies schon Jahrzehnte her sein muss. Die orangefarbenen Gardinen vor dem Fenster wirken wie ein Relikt der 70er-Jahre, fleckig, aber dennoch eindrucksvoll im Licht der Morgensonne. Auf einem Beistelltisch steht eine Vase mit künstlichen Blumen, ihre einst weißen Blütenblätter sind mittlerweile grau und staubig. Neben der Sitzgruppe entdecke ich eine Lampe, deren Schirm ein sanftes Schattenmuster auf die Wand wirft – als ob der Raum noch versucht, eine Spur von Gemütlichkeit zu bewahren.
Ich nehme meine Kamera und dokumentiere alles: die Möbel, die Details der verwitterten Wände, die gebrochenen Fenster und das Spiel von Licht und Schatten. Draußen umwandere ich das Gebäude. Die hölzernen Außenwände sind mit einer grünen Schicht aus Moos und Algen bedeckt. Hier ist die Natur überdeutlich präsent. Wurzeln haben die Fundamente erreicht, Ranken klettern die Fassaden hinauf, und die Fenster blicken leer in den Wald. Es ist ein schöner Kontrast: Die Schönheit des Verfalls und die Kraft der Natur treffen hier aufeinander.
Die Historie
Die Geschichte des alten Hotels im Wald beginnt wahrscheinlich in den 1930er- oder 1940er-Jahren. Erbaut als Zufluchtsort für Erholungsuchende, zog es über Jahrzehnte Wanderer, Familien und Naturfreunde an. Der große Parkplatz gegenüber zeugt davon, dass das Hotel einst ein beliebtes Ziel war, vielleicht sogar ein Ausgangspunkt für Ausflüge in die umliegenden Wälder. In den 1960er-Jahren war das Haus bekannt für sein Café, dessen Kuchen angeblich über die Region hinaus geschätzt wurde.
Doch die goldenen Zeiten vergingen. Gerüchte ranken sich um die 1980er-Jahre, als ein rätselhafter Vorfall das Schicksal des Hotels besiegelte. Manche erzählen von einem großen Feuer, das die obere Etage schwer beschädigte, andere von finanziellen Schwierigkeiten, die den Besitzer zur Aufgabe zwangen. Die Wahrheit bleibt im Verborgenen, ebenso wie die Geschichte der letzten Tage des Betriebs.
Heute ist das Hotel ein Lost Place, ein Relikt der Vergangenheit. Objekte wie die Zeitung aus den 90er-Jahren oder die verbliebenen Möbel geben Hinweise auf die letzte aktive Zeit. Doch vieles bleibt unklar. Wer waren die letzten Gäste? Was passierte, dass das Haus so plötzlich verlassen wurde? Diese Fragen bleiben unbeantwortet, und vielleicht liegt genau darin die Faszination dieses Ortes.
Leider ist dieser Ort nach meinem Besuch den Flammen zum Opfer gefallen. Mitten in der Nacht ist der gesamte Dachstuhl ausgebrannt, so dass dieser Ort wohl nun auch nur noch auf Bildern weiter existiert.
Kurze Fakten
Verlassen seit:
1980
Zustand:
Einsturzgefährdet
Überwachung:
Unbekannt
Vandalismus:
Geringer Vandalismus
Schwierigkeitsgrad: