Kamerakram
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Das Kieswerk an der Weser

Es ist noch sehr früh am Morgen und ich kämpfe gegen meine Müdigkeit. Nach einer nicht nur gefühlten Ewigkeit möchte ich heute endlich mal wieder auf Tour gehen und neue verlassene Orte entdecken. In den kalten und vor allem dunklen Monaten verfällt dieses Hobby jedes Jahr in den Winterschlaf und ich muss mich jedes Mal auf neue aufraffen, wieder loszulegen. Habe ich diesen Schritt dann geschafft, ist der Rest auch kein Problem mehr.


Endlich sitze ich im Auto und mein Ziel ist nur noch wenige Minuten von mir entfernt. Ich bin gespannt, was mich erwartet. Zwar habe ich wie immer vorher versucht Informationen über das verlassene Kieswerk zu sammeln, aber das hat sich leider sehr schwierig gestaltet. Bis auf ein paar kleinere Zeitungsartikel war hierüber nichts zu finden. Ich kann die drei großen Silos bereits erkennen und parke mein Auto etwas abseits und merke schnell, dass ich hier nicht allein sein werde. Spaziergänger laufen mit ihren Hunden an mir vorbei und auch ein paar Joggerinnen mustern meine Ausrüstung, die in meinem geöffneten Kofferraum liegt.


Ich beschließe mir das Kieswerk zuerst einmal von oben anzuschauen, packe meine Drohne aus und mache sie startbereit. Das Wetter ist perfekt für einen wortwörtlichen Ausflug. Es ist nahezu windstill und die Sonne scheint. Mit einem lauten Surren steigt die Drohne in die Luft. Das Gelände scheint deutlich größer zu sein als erwartet. Auf dem Gelände selbst entdecke ich zwei Angler. Sonst scheint es dort eher ruhig zu sein. Ich mache in Ruhe ein paar Aufnahmen aus Perspektiven, die man sonst wohl noch nicht mal durch waghalsige Klettereinlagen erzielen könnte.


Nach gut 15 Minuten ist der erste Akku leer und die Drohne kehrt zu mir zurück. Nun kann es richtig losgehen. Ich schultere meinen Rucksack und laufe mit der Kamera in der Hand auf das Gelände des alten Kieswerks zu. Auch auf diesem Weg treffe ich ein paar Spaziergänger. Wir grüßen uns freundlich und gehen dann weiter unserer Wege.


Nun stehe ich vor den drei großen Silos, die ich bereits aus der Ferne erblicken konnte. An der Seite führt eine kleine Treppe an den Silos hoch. Vorsichtig klettere ich darüber auf die erste Zwischenebene. An einigen Stellen sind die Gitter auf dem Boden sehr rostig, andere Stellen wackeln und knarzen beim Auftreten. So ganz traue ich ihm nicht und bewege mich nun doch noch etwas vorsichtiger vorwärts.


Es wird immer wärmer und da hier mittlerweile viele Pflanzen, Gräser und sogar Bäume zwischen den Anlagen gewachsen sind, fliegen mir andauernd irgendwelche Insekten ins Gesicht. Bis auf das leise Surren und das Knarzen der Treppen und Geländer ist hier aber nichts zu hören. Es ist angenehm still. Das was sich hier bietet ist größtenteils wunderschöner natürlicher Verfall. Genau das habe ich mir erhofft, genau danach hatte ich gesucht. An den großen Muttern und Schrauben hat sich Rost gebildet und der Lack ist an vielen Stellen bereits abgeplatzt. Überall finden sich großartige Fotomotive und auch das Licht könnte gerade nicht viel besser sein.


Von Anlage zu Anlage bewege ich mich weiter über das Gelände und immer wieder kommt die Frage auf, wieso hier gar nichts gesichert worden ist. An einigen Stellen geht es sehr weit nach oben und dort fehlen dann plötzlich Gitter am Boden, so dass man aufpassen muss, wohin man tritt. Hier läuft man Gefahr abzustürzen. Gerade wenn hier Kinder oder Jugendliche einen Abenteuerspielplatz vermuten, könnte es schnell gefährlich werden.


Die größte Herausforderung für mich hier heute ist es, mich zu entscheiden, wohin ich zuerst schauen soll. Es wäre toll, wenn das doch immer so wäre. Mit sehr vielen Fotos im Gepäck trete ich irgendwann den Rückweg an, denn mittlerweile sorgt die Mittagssonne dafür, dass zu hell ist, um stimmungsvolle Aufnahmen zu machen.


Die Historie

Zu der Geschichte des Kieswerks an der Weser lässt sich leider aktuell nicht viel recherchieren, dafür bietet es aber schier unendlich viele Fotomotive. Einzig zwei kleine Zeitungsartikel konnte ich ausfindig machen, da es im Jahr 2010 dort einmal gebrannt hat. Der Brand wurde allerdings nicht, wie bei so vielen verlassenen Orten durch Brandstiftung verursacht, sondern entstand bei Schweißarbeiten an der Förderanlage.


Dabei fingen mehrere Förderbänder und auch die Anlage selbst Feuer. Die Feuerwehr war mit den Löscharbeiten rund eine Stunde lang beschäftigt. Der Schaden, der durch den Brand verursacht wurde, hat sich damals auf etwa 50.000 Euro belaufen.


Kurze Fakten

Kategorie:  


Industrie

Schwierigkeitsgrad:  


Kinderspiel



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