Kamerakram
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Die verwüstete Mühle

Heute geht es endlich wieder auf große Erkundungstour. Aufgeregt und gespannt stolpere ich noch vor Sonnenaufgang aus dem Bett, direkt hinüber zur Kaffeemaschine. Ich gebe mir Mühe, den Rest der Familie dabei nicht zu wecken und in Gedanken hat mein Körper das Bett auch noch nicht verlassen. Noch bevor der Kaffee seine Wirkung entfalten kann, sitze ich hinterm Steuer und fahre zum ersten Ort, der für heute auf dem Plan steht.


Mittlerweile trennen mich nur noch wenige Kilometer von der verwüsteten Mühle und ich bin gespannt, was mich dort heute erwarten wird. Durch einen Freund habe ich erfahren, dass sich der Besuch auf jeden Fall lohnt und daher bin ich optimistischer als sonst, da ich oft nicht wirklich weiß, ob der nächste verlassene Ort auf der Tour überhaupt zugänglich sein wird. Endlich angekommen stelle ich mein Fahrzeug am Wegesrand ab, schultere meinen Rucksack und schnappe mir Kamera und Stativ. In geschlossenen Räumen ist es sonst meistens nur schwer möglich, ohne Stativ vernünftige Bilder zu machen, außer man nimmt ISO-Werte jenseits der 8.000 in Kauf.


Die verwüstete Mühle liegt gut versteckt an einem kleinen Weg hinter dichten Büschen und Bäumen. Zuerst komme ich an einem kleinen Anbau vorbei, der sich nun aber in den Sommermonaten durch dichtes Gestrüpp selbst vor Besuchern geschützt hat. Hier ist wirklich kein Durchkommen. Ich habe zumindest kein großes Interesse daran, mich durch schulterhohe Brennnesseln und Brombeersträucher zu schlagen. Mittlerweile sind es schon 28° und hier steht die Luft.


Ich laufe ein paar Schritte weiter und stehe auf einmal direkt vor dem Haupthaus, der alten verlassenen Mühle. Von dieser Seite aus könnte es allerdings auch ein ganz normales Wohnhaus sein. Ein Blick durch die offenstehende Eingangstür zeigt aber schnell, dass es eben kein normales Wohnhaus war. Ich stehe vor einer großen hölzernen Konstruktion, die Teil des Mühlwerk zu sein scheint. Sie zieht sich einmal durch das gesamte Gebäude durch alle drei Etagen, vom Dachboden bis runter in den Keller. Die Dielen knarren und sehen so aus, als hätten sie ihre besten Tage bereits hinter sich.


Bereits hier zeigt sich, dass dieser Ort etwas ganz besonderes ist. Das einfallende Sonnenlicht zaubert überall wunderschöne Fotomotive in die alte Mühle. Von diesem Raum aus geht es weiter ins Innere. Hieran schließen sich die Wohnräume an, die allerdings schon sehr verwüstet wurden. Nichts steht mehr an seinem Platz, fast alles wurde aus den Regalen und Schränken gerissen und trotzdem werden es mit jedem Schritt mehr Fotomotive. Neben den Alltagsgegenständen, wie der kleinen hölzernen Kaffeemühle, finden sich auch noch viele sehr persönliche Gegenstände. Tagebücher aus dem zweiten Weltkrieg in Sütterlinschrift, Hausaufgaben aus dem Erdkundeunterricht und Kontoauszüge gehören dazu. Hier könnte man sich stundenlang mit beschäftigen, aber dafür habe ich leider nicht genug Zeit. Ich mache ein paar Fotos der Dokumente und setze meine Erkundungstour durch die verwüstete Mühle fort.


Es gibt eine kleine Küche, ein Wohnzimmer, das über und über mit alten Zeitungen und Zeitschriften vollgestapelt ist, ein Schlafzimmer und ein Kinderzimmer. Als ich im Kinderzimmer stehe und gerade mein Stativ in Position gebracht habe, fällt mir auf, wie schief die Decke eigentlich ist. Dazu ist auch noch die Rückwand des Raumes mittlerweile so durchgebogen, dass man durch das alte Mauerwerk nach draußen schauen kann. So richtig wohl fühle ich mich danach hier nicht mehr. Auf einmal höre ich Geräusche, Schritte näher sich und plötzlich steht ein Mann neben mir in der Tür. Er ist mindestens genau so überrascht wie ich. Ich schaue ihn an, grüße ihn freundlich und nach einem kurzen Moment der Verwirrung grüßt er zurück und verschwindet genau so schnell, wie er aufgetaucht ist. Eine seltsame Begegnung.


Nachdem ich nun alle Räume im Erdgeschoss erkundet habe, schaue ich mir noch den Keller genauer an. Dieser erstreckt sich über die gesamte Fläche des Hauses. Neben allerlei Hinterlassenschaften der ehemaligen Bewohner finden sich hier noch kleine Ställe, in denen wahrscheinlich einmal Tiere gehalten worden sind und ein paar Lagerräume und wahnsinnig viele leere Glasflaschen. Auf einem der vielen Wandregale steht ein alter Kaufmannsladen und zwei Paar Schuhe. Überall kann man hier etwas über das frühere Leben in der alten Mühle erfahren. Dieser Lost Place ist, abgesehen vom Vandalismus, genau das, was man sich wünscht. Ich hoffe, dass ich auf meiner nächsten Tour genau so viel Glück habe.


Die Historie

Zur Geschichte der verwüsteten Mühle lassen sich im Internet leider überhaupt keine Informationen finden. Fest steht aber, dass hier eine Familie über viele Jahre gut gelebt haben muss. Die Bücher, in denen Käufe und Verkäufe akribisch festgehalten wurden, belegen, dass das Geschäft gut gelaufen sein muss. Auch die Kontoauszüge, die überall verteilt herumliegen, zeugen davon, dass es der Familie, wenn auch vielleicht nur finanziell, alles andere als schlecht ging. Da die alte Mühle mittlerweile stark unter Vandalismus und auch der Witterung gelitten hat, braucht es viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie hier einmal Menschen gelebt haben können.



Kurze Fakten

Kategorie:  


Büros & Gewerbe

Vandalismus:  


Mäßiger Vandalismus

Schwierigkeitsgrad:  


Mittelmäßig



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