Klinik Wintermoor - Das Waldkrankenhaus
Eigentlich müsste ich mein Ziel, das alte Waldkrankenhaus, bald erreicht haben, doch es ist weit und breit nichts zu sehen. Gut, ich fahre durch einen dichten Wald, also ist außer Bäumen nichts zu sehen. Hin und wieder komme ich an kleinen Parkplätzen vorbei, auf denen sich Menschen gerade auf eine kleine Wanderung vorbereiten.
Angeblich bin ich nun am Ziel angekommen. Ich halte bei der nächsten Gelegenheit an und schaue mich um. Nach einer Weile erkenne ich ein paar kaputte Dächer zwischen ein paar grünen Zweigen. Das muss es sein, das vergessene Waldkrankenhaus. Ich mache mich auf den Weg und schaue mir die Umgebung genauer an. Ich sollte Recht behalten. Es wirkt fast so, als würde sich dieser verlassene Ort selbst vor ungebetenen Gästen schützen, in dem er sich tief in den Wald vergraben hat.
Das erste Gebäude, das nun direkt vor mir liegt, ist stark in Mitleidenschaft gezogen. An einigen Stellen wirkt es fast wie ein Rohbau. Die Wände sind bunt bemalt und auf den Böden liegen allerhand leere Spraydosen herum. Wenigstens diese könnten die Künstler wieder mitnehmen, nachdem sie sich hier verewigt haben.
Da ich nicht sonderlich viele Informationen eingeholt hatte bevor ich hierhin aufbrach, wundere ich mich, weil es hier nicht wirklich nach einem Krankenhaus aussieht. Mit einigen Abständen verteilt finden sich hier zumeist kleinere Holzbaracken. Ich bewege mich bei drückender Hitze durch die einzelnen Gebäudeteile und werde dann doch noch fündig. Ein altes Heft über Altenpflege steht auf einem Regal. Das Heft ist mit Schimmel überzogen und trägt ein Datum von 2002.
Zwar wurde die Einrichtung in den meisten Gebäuden komplett entfernt, aber durch die Natur, die langsam immer weiter in die alten Gemäuer eindringt, ergeben sich fantastische Fotomotive. Lichter, Schatten und Farben wechseln sich ab und lassen so immer wieder einzigartige Aufnahmen entstehen. Das Waldkrankenhaus ist ein andächtiger Ort. Ich bleibe kurz stehen, schließe meine Augen und lausche den rauschenden Bäumen und dem Vogelgezwitscher.
In einer der Baracken höre ich Geräusche und bewege mich vorsichtiger voran. Bin ich hier doch nicht allein? Es hat sich nicht angehört, als hätte der Wind ein Fenster zugeschlagen. Ich schrecke zurück, als vor mir auf einmal eine kleine Meise ihre Runden durch den Raum dreht. Ich möchte niemandem beim Brühten stören und verlasse das Gebäude.
Die beschriebenen Eindrücke setzen sich auch in den anderen Gebäuden fort. Mich würde es nicht wundern, wenn dieser wunderschöne Lost Place in den nächsten Jahren komplett verschwinden würde.
Die Historie
Das mittlerweile in Vergessenheit geratene Waldkrankenhaus wurde im Jahr 1943 in der Lüneburger Heide von der Organisation Todt mit Hilfe von sowjetischen und wahrscheinlich auch polnischen Zwangsarbeitern errichtet und in Betrieb genommen. Zunächst standen rund 400 Betten zur Verfügung, nach der im Juli 1943 fertiggestellten Erweiterung stieg die Zahl dann auf 825.
Die Organisation Todt war eine paramilitärische Bautruppe im nationalsozialistischen Deutschland, die den Namen ihres Führers Fritz Todt trug. Die Organisation wurde 1938 gegründet. Sie wurde nach Beginn des Zweiten Weltkrieges vor allem für Baumaßnahmen in den von Deutschland besetzten Gebieten eingesetzt. So kam sie zum Beispiel für den Ausbau des Westwalls, den Bau der U-Bootstützpunkte an der französischen Küste, sowie des Atlantikwalls zum Einsatz. In der Organisation kamen seit Kriegsbeginn vielfach Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und auch KZ-Häftlinge zum Einsatz.
Zur Zeit des zweiten Weltkriegs diente es als Ausweichkrankenhaus der Stadt Hamburg. Nach dem Krieg wurden hier dann hauptsächlich an Tuberkulose erkrankte Menschen behandelt. Diese Art von Tuberkulosekliniken kann man in ganz Deutschland häufiger entdecken.
Ende 1975 wurde das Krankenhaus geschlossen und von der auf Knochen- und Gelenkchirugie spezialisierten ENDO-Klinik übernommen. Zu dieser Zeit fanden hier 305 Menschen Platz und die neue Klinik machte sich schnell einen Namen in der Region.
Nachdem auch dieser Klinikbetrieb nach über 22 Jahren 1997 wieder eingestellt wurde, wurde das Gelände ein weiteres Mal umgenutzt. Es wurde zu einem Pflegezentrum für Senioren umgebaut, doch auch das sollte nur von kurzer Dauer sein. 2005 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden und seitdem haben sich die vielen Baracken und anderen Gebäude in einen großen Lost Place mitten im Wald verwandelt.
Kurze Fakten
Baujahr:
1941
Verlassen seit:
2005
Vandalismus:
Schwerer Vandalismus
Schwierigkeitsgrad: