Kamerakram
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Majestueuse Église Délaissée

Diese verlassene Kirche ist ein wirklich imposantes Bauwerk, die vor vielen Jahren noch das Herz der Gemeinde bildete. Ich fahre durch enge, verwinkelte kleine Gassen einer belgischen Kleinstadt, bis ich irgendwann mein Ziel erreiche. Es ist ein heißer Sommertag und beim Verlassen des Autos laufe ich vor eine Wand aus Sommerhitze. Die Kirche wirkt von außen sehr unscheinbar, aber ich freue mich auf das hoffentlich kühle Innere.


Das Viertel, in dem die Kirche steht, war im Laufe der Jahrhunderte Schauplatz zahlreicher historischer Ereignisse. Im 17. Jahrhundert errichteten die Spanier hier zum Beispiel eine große Festung, die später von Louis XIV. erobert und von Vauban erweitert wurde. Im 18. Jahrhundert prägte hier vor allem der Kohleabbau das Gebiet und machte es damit zu einem wichtigen Zentrum der Kohleindustrie.


Heute sind die Spuren dieser reichen Geschichte überall sichtbar, auch wenn der frühere Reichtum nun der Armut gewichen zu sein scheint. Die alte Kirche steht nun hier als stiller Zeuge der vergangenen Zeit und wartet darauf, irgendwann vielleicht doch wieder mit Leben gefüllt zu werden.


Ich betrete die verlassene Kirche mit meiner Kamera und spüre sofort die Schwere der Geschichte, die in den Mauern dieses alten Gebäudes steckt. Denn bereits am Eingang hängt eine Tafel mit Namen von Soldaten, die für ihr Vaterland gestorben sind. Die Stille ist überwältigend, wird jedoch von Tauben immer wieder unterbrochen. Diese scheinen sich hier nämlich sehr wohl zu fühlen. Der Boden der Kirche ist übersät mit Taubenkot, der Geruch beißt in der Nase, was jedoch kaum von der wunderschönen Optik der Kirche ablenkt.


Die hohen Decken und die majestätischen Bögen, die einst die Gläubigen beeindruckten, strahlen noch immer eine gewisse Ehrfurcht aus. Ich fotografiere die verblassten Fresken an den Wänden und die leeren Stuhlreihen, die von den Geschichten der Menschen erzählen, die hier saßen. Jede Aufnahme fängt einen Moment der Vergangenheit ein, bewahrt die Schönheit und den Verfall gleichermaßen. Das Sonnenlicht sorgt dafür, dass die Farben der Kirchenfenster leuchten und somit tolle Motive erzeugen.


Weiter oben auf dem Podest über den Stuhlreihen ist die Luft wärmer und stickiger. Zusammen mit den Hinterlassenschaften der Tauben eine wirklich unschöne Mischung. Von hier oben habe ich jedoch einen noch besseren Blick ins Innere der Kirche. Dafür hat es sich gelohnt, sich die kleine enge Wendeltreppe hochzuschieben. Ich mache ein Foto nach dem anderen und kann gar nicht genug davon bekommen.


Ich verlasse die Kirche mit einer gewissen Schwere, aber auch mit Zufriedenheit, denn meine Kamera ist gefüllt mit Bildern, die die Geschichte dieses besonderen Ortes erzählen können.


Die Historie

Im Jahr 2017 feierte die Majestueuse Église Délaissée in Belgien ihre letzte Messe und wurde kurz darauf entweiht. Dieses imposante Gebäude, das einst das spirituelle Zentrum der angrenzenden Gemeinde bildete, steht nun vor einer ungewissen Zukunft. Die Kirche gehört der örtlichen Kirchenfabrik, einer Institution, die für die Verwaltung der kirchlichen Gebäude und des dazugehörigen Vermögens verantwortlich ist. Aufgrund mangelnder engagierter Vertreter schließt sich die Kirchenfabrik mit einer benachbarten zusammen. In den kommenden Monaten soll das Gebäude versteigert werden. Was danach dann mit diesem Bauwerk geschehen wird, ist fraglich.


Die Geschichte der Majestueuse Église Délaissée ist eng mit der Geschichte des umliegenden Viertels verbunden. Der Name des Viertels, das übersetzt soviel wie das “Land der Sträucher” bedeutet, ist seit dem 19. Jahrhundert dokumentiert und verweist auf die ursprüngliche Vegetation der Gegend. Bereits im 13. Jahrhundert taucht der Name in einem Dokument auf, in dem die Schenkung der Herrschaft Gilliers an einen lokalen Adligen bestätigt wird.


Im 17. Jahrhundert errichteten die Spanier hier eine Festung, die später von einem bedeutenden europäischen Monarchen erobert und erweitert wurde. Der Abbau von Kohle prägte das Gebiet im 18. Jahrhundert und machte es zu einem wichtigen Zentrum der Kohleindustrie. Entlang der gepflasterten Straßen, die die Stadt mit der Hauptstadt verbanden, entstanden zahlreiche Kohlefelder und Förderanlagen. Diese Zeit ist nun aber vergangen und die Reichtum ist zusammen mit der Industrie wieder verschwunden.


Die Geschichte des Viertels ist reich an historischen Ereignissen. Vom Bau der Festung bis hin zur industriellen Revolution hat dieses Viertel bis heute viele Veränderungen erlebt. Heute stehen die Überreste dieser Epoche als stille Zeugen der Vergangenheit.


Kirche
Belgien

Kurze Fakten

Kategorie:  


Kirchen & Klöster

Verlassen seit:  


2017

Zustand:  


Guter Zustand

Vandalismus:  


Kein Vandalismus

Schwierigkeitsgrad:  


Kinderspiel



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