SS-Brotfabrik
Das große Eingangstor steht offen, aber man muss schon mehrmals hinschauen, bis man die Gebäude hinter den Bäumen und Büschen entdecken kann. An den Fassaden hängen Warnschilder „Lebensgefahr – Betreten verboten“. Zwar wurden die Gebäude offenbar vor einiger Zeit mit Gittern und Zäunen vor unerwünschten Besuchern versucht zu schützen, aber dieser Schutz hat wohl nicht sonderlich lange gehalten.
Allerdings hat hier der Zahn der Zeit schon viel genagt. Die meisten Decken der alten Gemäuer wirken alles andere als vertrauenswürdig. Sie wölben sich nach unten und sehen so aus, als könnten sie jeden Moment herunterkommen. Wenn das passiert, sollte man besser nicht mehr darunter stehen.
So halte ich mich hier nur so lange, wie eben notwendig in den einzelnen Räumen auf und beeile mich beim Fotografieren. Zu dem mulmigen Gefühl, ausgelöst durch den heruntergekommenen Zustand, kommt das Wissen um die Vergangenheit dieses Ortes.
Viel erinnert hier nicht mehr an den ursprünglichen Zweck dieser Gebäude. Ein paar große Durchlauföfen stehen aber immer noch an ihrem Platz, nur die Verkleidung wurden an den Seiten zum Teil schon abgebaut.
Die Nebengebäude sind wenig spektakulär, aber auch hier finden sich noch Relikte aus vergangenen Tagen. Munitionskästen, Zeitungen und leider auch allerhand Müll. Nachdem ich mir auch hier draußen alles einmal angesehen habe, trete ich den Rückweg an.
Die Historie
Bis 1936 war diese Gegend ein Naherholungsgebiet für die Einwohner von Oranienburg und die Patienten der Lungenheilanstalt am Grabowsee. 1936, noch bevor das KZ Sachsenhausen errichtet wurde, mussten hier Häftlinge den Bau eines Schießstandes für die SS durchführen. In den Jahren 1939 bis 1940 wurde hier dann eine Brotfabrik erbaut. Auch diesen Bau mussten Häftlinge durchführen.
Neben dem eigentlichen Bäckereigebäude, in dem der Betriebsleiter mit seiner Frau zusammen mit einem Häftling als Diener wohnten, gab es dort noch behelfsmäßige Wohnbaracken. In diesen waren die Bäckermeister und Zivilarbeitern untergebracht. Alle dort einquartierten Personen besaßen SS-Ränge. Bis zu 80 Häftlinge wurden in der Brotfabrik eingesetzt.
Bis zu 80 Häftlinge mussten das Konzentrationslager und SS-Dienststellen Tag für Tag mit Brot beliefern. Direkt neben dem Gelände der ehemaligen SS-Brotfabrik befand sich das Klinkerwerk Oranienburg. Es war eine Großziegelei und ein weiteres Außenlager des KZ Sachsenhausen.
Die Einrichtung des Werks ging auf eine Vereinbarung des Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt Albert Speer und des Verwaltungsamts der SS vom Juli 1938 zurück. Ziel war es, die erheblichen Mengen an Baumaterial bereitzustellen, die Speers Planungen für die Umgestaltung Berlins zur Welthauptstadt Germania benötigt hätten.
Neben dem Ziegeleiwerk wurde ein eigener Hafen an der Lehnitzschleuse, sowie ein Natursteinwerk eingerichtet. Alle Baumaßnahmen mussten auch hier die Häftlinge des KZ Sachsenhausen erledigen. Den Betrieb der Großziegelei übernahmen die SS-eigenen Deutschen Erd- und Steinwerke. Das Arbeitskommando Klinker war bei den Häftlingen besonders gefürchtet, da es wegen Erschöpfung und durch Misshandlungen des Wachpersonals fast täglich zu Todesfällen kam.
1941 wurden einige Wohnbaracken errichtet. Das Lager galt als eigenständiges KZ-Außenlager. Ab 1942 wurden hier Handgranaten aus verwertetem Metallschrott produziert. Ab 1944 produzierten hier die Heinkel-Werke Oranienburg Flugzeugteile.
Nach Kriegsende wurde der Bäckereibetrieb durch eine Konsumgenossenschaft (VEB) bis 1991 wieder aufgenommen. Viele der originalen Einbauten sind nach Schließung der Anlagen verschwunden. Die Anlage steht inzwischen unter Denkmalschutz.