Kamerakram
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Villa Sohl

Ich bin an meinem Ziel angekommen. Irgendwo hier muss sie sein, die alte verlassene Millionen Villa von Hans-Günther Sohl. Doch im Moment sehe ich nur Bäume und viele dichte Büsche. Ein kleiner Trampelpfad führt durch das Dickicht hindurch. Ich denke, dass ich diesem erstmal folgen werden muss. Vielleicht führt er mich ja direkt zu der alten Villa. Es ist drückend heiß, die Sonne scheint und die Luft steht. Je weiter ich durch das Unterholz laufe, desto wärmer wird es.


Der Weg führt leider nicht nur in eine Richtung und so muss ich mehrmals umdrehen, weil ich schon wieder in eine Sackgasse gelaufen bin. Irgendwann kann ich dann aber doch endlich das graue Schieferdach der Villa Sohl zwischen den dichten Büschen erblicken. Nun stehe ich direkt vor dem einst wohl sehr imposanten Gebäude. Rechterhand versteckt sich ein kreisrunder Pool direkt vor dem Haus. Der Garten wurde offenbar schon sehr lange nicht mehr gepflegt, so dass man hier immer nur ein paar Meter weit schauen kann.


Durch eine große Öffnung, wahrscheinlich waren hier auch mal bodentiefe Fenster, gelange ich in die verlassene Villa und auch hier setzt sich der Eindruck von draußen fort. Es ist alles sehr imposant, wenn auch leider schon stark verwüstet. Überall finden sich Graffitis an den Wänden und an einigen Stellen scheint es auch bereits gebrannt zu haben. Diesen Anblick kenne ich leider nur zu gut, denn viele verlassene Orte sehen mittlerweile so aus.


Ich streife weiter durch das riesige Anwesen und gerade als ich eine große Marmortreppe ins Obergeschoss hochsteige, höre ich Stimmen. Ich weiß zwar nicht, von wo diese kommen, aber ich bin auf jeden Fall nicht mehr alleine hier. Die Stimmen verstummen wieder und als ich gerade oben angekommen bin, sehe ich die Gesichter dazu. Es sind ein paar Kinder, die hier vielleicht nach ihrem nächsten Abenteuer suchen. Sie sind nun, da sie mich gesehen haben, wieder lauter geworden. Ich versuche ihnen aus dem Weg zu gehen und in Ruhe meine Fotos zu machen.


Nach dem Obergeschoss ist nun noch der Keller dran. Hier soll sich ein Atomschutz Bunker befinden und tatsächlich: Eine massive Bunkertür weist den Weg ins Innere. Der Keller ist nicht weniger eindrucksvoll, als die anderen Stockwerke. Hier wurde wirklich an nichts gespart. Allein die Heizungsanlage nimmt mehr Platz ein, als ich in meiner ersten Wohnung für mich zu Verfügung hatte. Hier unten gibt es ein Jagdzimmer, einen weiteren großen Pool, mehrere Badezimmer und eben den Bunkerbereich. Dieser ist allerdings komplett leergeräumt.


Die Historie

Die Villa Sohl, auch Palazzo o Sohle mio genannt, wurde im Jahr 1960 für Hans-Günther Sohl (1907-1989) innerhalb eines Jahres gebaut. Hans-Günther Sohl war Generaldirektor der August Thyssen-Hütte AG (ATH), Vorsitzender der Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie und dazu noch Mitglied von 15 Aufsichtsräten. Seit dem Tod seiner Witwe Baroness Anneliese von Wrede im Jahr 1999 steht das Gebäude leer und ist mittlerweile stark von Vandalismus gezeichnet.


Die Villa steht auf einem 40.000-Quadratmeter-Grundstück (40.000m² sind umgerechnet übrigens knapp 5,6 Fußballfelder) und verfügte so ziemlich über jeden Luxus, den man sich zu dieser Zeit vorstellen konnte. Es gab einen großen Pool im Keller, einen im Garten, direkt vorm Haus, mehrere großzügige Schlafzimmer und sogar einen Fahrstuhl, mit dem man direkt in jede der drei Stockwerke fahren konnte. So verband der Fahrstuhl beispielsweise das Schlafzimmer direkt mit dem Swimming-Pool im Keller. Direkt nebenan, in einem anderen Kellerraum befindet sich die riesige Heizungsanlage des Hauses, die ein kleines Krankenhaus mit Wärme und Energie versorgen könnte. Die zugehörige Trafo-Station findet sich im Garten. Die Kosten dieses Baus sollen sich auf 1,5 Millionen Mark belaufen haben. Das Bauwerk wirkt sehr imposant und ist sehr verwinkelt. Überall zweigt sich ein weiterer Raum ab, dessen ursprüngliche Verwendung sich jedoch heute nicht mehr wirklich erkennen lässt.


Das Außergewöhnlichste an der Millionärs Villa ist vermutlich der Atomschutz Bunker direkt unter dem Gebäude. 1,5 Meter starke Stahlbetonwände sollten dafür sorgen, dass keinerlei Strahlung ins Innere gelangen kann. Im Bunker selbst gab es separate Räume für Vorräte und Wohnen. Heute ist der Name Hans-Günther Sohl nicht mehr sehr positiv besetzt, was an seiner bis heute eher unklaren NS-Vergangenheit liegt. Es ist also naheliegend, dass man dieses Gebäude nicht unbedingt erhalten möchte.


Es gab mehrere Pläne für die Nachnutzung des Geländes, allerdings wurde davon bis heute noch keiner umgesetzt. Im Jahr 2013 stellte der Landschaftsverband Rheinland den Denkmalwert gutachterlich fest und plante, den Park zum Naturdenkmal zu erklären. Danach passierte erstmal eine lange Zeit nichts. Nun gibt es wieder Pläne dafür, dass ein Teil des riesigen Grundstücks für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und als Park erhalten bleiben soll. Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis dann die verlassene Villa abgerissen wird und dort etwas Neues entsteht.



Kurze Fakten

Kategorie:  


Villen & Wohngebäude

Baujahr:  


1960

Verlassen seit:  


1991

Vandalismus:  


Erheblicher Vandalismus

Schwierigkeitsgrad:  


Mittelmäßig

Gesamtfläche:  


40000

Weitere Informationen zu diesem Ort:

spiegel.de/politik/fahrstuhl-zum-bad-a-51da6fb7-0002-0001-0000-000045139694



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